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Das Jahr danach!!! - Teil II

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Die Flutkatastrophe im Jahr 2014 hat viele Ortschaften völlig unerwartet getroffen, es gab immer mal wieder Hochwasser in der Region, aber diese Heftigkeit und dieses Ausmaß, ging weiter über alles bisher Bekannte hinaus. Ich werde in diesem Bericht "nur" über meine Heimatgemeinde schreiben, es sind allerdings viele andere Ortschaften genauso schlimm getroffen worden und ich bin mir sicher, dass man das hier stehende auch in die anderen Ortschaften übertragen kann.

Viele betroffene Familien leben nicht direkt am Bach, in meinem Heimatort waren von knapp 125 Haushalten, knapp 30 vom Hochwasser betroffen. Bei manchem war es nicht ganz so schlimm, ein Kellerraum, eine Garage, bei anderen ist der komplette Wohnraum völlig zerstört worden. ...

Das Ausmaß der Zerstörung ist einem im ersten Moment nicht so bewusst, erst einmal versucht man die beweglichen Dinge zu retten, den Schlamm und das Wasser loszuwerden. Die Hilfsbereitschaft war enorm, aus den umliegenden und auch weiter entfernten Gemeinden waren zahllose Feuerwehren und freiwillige Helfer gekommen, es gab spontane Essenspenden und Geldspenden. Es haben sich direkt Initiativen gegründet die Geld für die Opfer sammelten und auch die regionalen Medien haben viel über das Hochwasser berichtet.

 

Ohne Freunde und Verwandte und unsere THW-Jungs, hätten wir es nie geschafft bereits Sonntag Abend einen schlammfreien Keller zu haben und bei weitem nicht alle hatten dieses Glück.

Es hat Tage gedauert, bis alle Keller leer gepumpt und geräumt waren, der Schlamm, teilweise schon angetrocknet, musste wieder nass gemacht werden um abgepumpt zu werden. Der Schlamm fängt auch nach einiger Zeit an zu Stinken, besonders schlimm, wenn er wieder angefeuchtet wird. Über dem ganzen Ort lag dieser Geruch, dazu kamen relativ schnell weiße, kleine Mücken die zu Tausenden durch die Luft geschwebt sind. Sehr unangenehm, aber man hat ja keine Wahl.

 

Je länger man das Ausmaß der Zerstörung betrachtet umso bewusster wird einem die nun folgenden Konsequenz, es ist Ende September, viele stehen vor dem Nichts, wie geht es weiter? Manche Häuser sind unbewohnbar, in vielen wird in den oberen Stockwerken gewohnt, während in den anderen Räumen rund um die Uhr Trockengeräte laufen. Der Winter steht vor der Tür und wenn nicht getrocknet wird, kommt auch noch der Schimmel. Meine Eltern trocknen fast zwei Monate lang rund um die Uhr, alleine das kostet 1000 € an Strom und da sind die Geräte noch nicht bezahlt. Ich habe es ja schon hier geschrieben, wir haben Glück im Unglück und eine Versicherung die für diese Kosten aufkommt. Wer das nicht hat, steht vor einem Scherbenhaufen und muss sich verschulden um sein Wohneigentum wieder bewohnbar zu machen. Vielen geht es so, bei weitem nicht alle sind versichert, gerade ältere Leute haben weder eine Gebäude-Elementar noch eine Hausrats-Elementar-Versicherung. Eine regionale Bank reagiert schnell und bietet Ihren Kunden günstige Wiederaufbau-Kredite an, wenigstens etwas. Die Fluthilfe-Spendenaktion bringt Betroffenen (die einen Antrag stellen) auch schnell Hilfe.

 

Staatliche Unterstützung erhalten die Wenigsten, die Unterstützungsmöglichkeiten sind hier sehr eng gesteckt, kaum jemand erfüllt die Bedingungen um Hilfe anzufordern.

Von der überregionalen Politik und auch von den Medien, fühlen sich die meisten Betroffenen sehr im Stich gelassen, dass Regionalfernsehen und die lokale Zeitung erkennen das Ausmaß des Unglückes und berichten viel und regelmäßig, überregional ist es aber keine Schlagzeile wert. In Zeiten ständiger Unwetter und Katastrophen ist das wohl auch nicht zu erwarten, für die Betroffenen ist es aber dennoch enttäuschend.

Von der Politik füllen sich die Meisten verraten, es dauert Tage bis Bundes- und Landtagsabgeordnete sich ein Bild vor Ort machen und die Katastrophe gesehen wird. Ich habe Politikwissenschaften studiert, ich kenne das Geschäft, ich verstehe, dass es keine Blankoscheck geben kann. Aber ich glaube auch, dass das mangelnde Interesse, das fehlende Verständnis und die fehlende Bereitschaft wenigstens zu versuchen staatliche Hilfe zu organisieren (übrigens bei allen Parteien), zu einem Vertrauensverlust der Bürger geführt haben und ich glaube auch, dass man das bei den nächsten Wahlen sehen wird. Gerne rücken sich in diesen Zeiten ja politische Kräfte mit Stammtischphrasen und Fremdenfeindlichkeit ins Bild und gehen auf Stimmenfang, ich fürchte mit Erfolg!

 

Und da stehen sie jetzt in Ihrer zerstörten Existenz, gerade die Älteren, oft alleinstehende Frauen, die mit einer kleinen Rente auf dem Land mehr oder weniger gut leben konnten und jetzt Tausende Euro aufbringen müssten um Ihre Häuser und Ihre Höfe (wir reden hier ja vom Land, fast jedes der Anwesenden ist ein alter Bauernhof) zu retten. Die Banken helfen hier auch oft nicht, wer bürgt denn für diese Menschen, welchen Wert außer dem zerstörten Haus und Hof gibt es denn? Selber machen? Diese Zeiten sind für viele auch vorbei und so groß die Hilfe direkt nach der Katastrophe war, so oft hört es auch nach den ersten Wochen auf. Erschreckend ist das und traurig und ja bei weitem nicht nur bei dieser, im globalen Ausmaß betrachteten, kleinen Katastrophe. Nicht umsonst wirbt eine große Hilfsorganisation mit "die größte Katastrophe ist das Vergessen", was hier im Kleinen zu beobachten ist, gilt für die großen Katastrophen überall auf der Welt ja auch. Es macht mich traurig und betroffen und trotzdem geht es auch mir immer wieder so, auch ich vergesse schnell wieder nach den ersten Schlagzeilen.

 

Ich versuche sensibler zu werden, Katastrophen im Blick zu behalten und immer wieder meinen kleinen Beitrag in Form von Spenden zu leisten.

 

Deshalb finde ich es auch so wichtig Solidarität zu zeigen, mit Denen, die ein Unglück erfahren und dabei ist es mir völlig egal ob das direkt vor unserer Haustür passiert oder am anderen Ende der Welt. Wir sind alle Menschen, niemand ist wertvoller als ein anderer und wie kann ich mir zutrauen zu bewerten wer vielleicht mehr leidet?

 

Genau wie in Teil I, gilt auch hier: ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die diese Situation gegen die Situation der Flüchtlinge in Deutschland ausspielen möchten. Meine Meinung zur aktuellen Flüchtlingsdebatte gibt es hier

 

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